Qualitätsstandards
 
… der AG Jugendpflege im Landkreis Trier-Saarburg für die Kinder- und Jugendarbeit

1. Präambel
Die Arbeitsgemeinschaft Jugendpflege ist ein Fachgremium der Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis Trier-Saarburg. Sie setzt sich aus Personen zusammen, die hauptamtlich im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit im Kreis Trier-Saarburg tätig sind. Die Kinder- und Jugendarbeit ist im Landkreis Trier-Saarburg plural und dezentral organisiert. Lokale und strukturelle Gegebenheiten prägen die jeweilige Angebotsstruktur und Arbeitsweise der einzelnen AG Mitglieder. Darüber hinaus werden von der AG Jugendpflege allgemeine Qualitätsstandards für die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit im Kreis Trier-Saarburg für alle AG Mitglieder verbindlich formuliert. Die Qualitätsstandards dienen sowohl für die Partnerinnen und Partner als auch für die Zielgruppen der Kinder- und Jugendarbeit als Orientierung und tragen so zur Qualitätssicherung der Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis Trier-Saarburg bei. Die im Folgenden ausgeführten Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendarbeit der AG Jugendpflege im Landkreis Trier-Saarburg dienen somit als Grundlage des professionellen Handelns aller Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Jugendpflege. Die Standards sind als Querschnittsaufgabe in allen Arbeitsbereichen der AG-Mitglieder verbindlich umzusetzen. Dabei sind die kollegiale Fachberatung und Unterstützung innerhalb der AG Jugendpflege ein zentrales Arbeitsprinzip.

2. Kernziele der Kinder- und Jugendarbeit
Kinder und Jugendliche haben ein hohes Selbstwertgefühl, sind gesund und fühlen sich wohl. Sie beteiligen sich aktiv und partnerschaftlich an den Prozessen des Gemeinwesens und sind als eigenverantwortlich handelnde Persönlichkeiten gleichberechtigt in die Gesellschaft integriert. Sie identifizieren sich mit ihrer Heimatgemeinde und Herkunftsregion und verfügen über altersgerechte Handlungs- und ausgeprägte Sozialkompetenzen. In den professionellen VertreterInnen der Kinder- und Jugendarbeit haben sie kompetente und vertrauensvolle Anlaufstellen und FürsprecherInnen.

3. Rechtliche Grundlagen der Kinder- und Jugendarbeit
Für die Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis Trier-Saarburg sind folgende Ausführungen grundlegend:
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948

  • UN-Kinderrechtskonvention
  • WHO Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung
  • Agenda 21, Kapitel 25: Kinder und Jugendliche und nachhaltige Entwicklung
  • Bundesgesetz: Sozialgesetzbuch (SGB VIII) insbesondere
  § 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe
  § 2 Aufgaben der Jugendhilfe
  § 4 Zusammenarbeit der öffentlichen Jugendhilfe mit der freien Jugendhilfe
  § 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
  § 11 Jugendarbeit
  § 12 Förderung der Jugendarbeit
  $ 13 Jugendsozialarbeit
  § 14 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz
  § 74 Förderung der freien Jugendhilfe
  • Jugendschutzgesetz
  • Jugendarbeitsschutzgesetz
  Landesgesetze Rheinland-Pfalz:
  • Jugendförderungsgesetz (JuFÖG)
  § 2 Jugendarbeit
  § 3 Jugendsozialarbeit
  § 5 Gewährleistungsverpflichtung,
 
Grundsätze der Förderung
  • Gemeindeordnung (GemO)
  § 16c Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
  § 56b Jugendvertretung
   •  Jugendhilfeplanung des Landkreises Trier-Saarburg – Planungsbereich Jugend und Freizeit
   
4. Prinzipien der Kinder- und Jugendarbeit
  4.1 Grundprinzipien der Kinder- und Jugendarbeit
  Prinzip der Offenheit
  Die Kinder- und Jugendarbeit ist ein offenes System. Es hält sich offen für soziokulturelle Veränderungen, für die verschiedenen Lebenslagen, Lebensstile und Lebensbedingungen junger Menschen. Das heißt auch, dass die Kinder- und Jugendarbeit ein breites und ausdifferenziertes Angebot unterbreitet. Offenheit bedeutet Vielfalt in Bezug auf Dienstleistungen, Arbeitsmethoden und Zielgruppen. Offenheit bedeutet auch flexible und unbürokratische Gestaltung von Jugend- und Lernräumen sowie Kinder- und Jugendarbeit an sich.
  Prinzip der Freiwilligkeit
  Alle Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sind freiwillige Angebote für Kinder und Jugendliche. Das Prinzip der Freiwilligkeit unterstützt die Selbstbestimmung von jungen Menschen wesentlich. Die Kinder- und Jugendarbeit ist zuständig für die freiwillige nicht-formale Bildung im Gegensatz zur formalen Bildung der Schule.
  Prinzip der Partizipation
  Partizipation zielt auf Beteiligung, Mitwirkung und Mitbestimmung von jungen Menschen an den Tätigkeiten an der Gestaltung des Gemeinwesens, insbesondere der Kinder- und Jugendarbeit. Die Partizipationsmöglichkeiten orientieren sich an den zeitlichen und persönlichen Ressourcen und Fähigkeiten junger Menschen. Dabei sind die Strukturen der Erwachsenenbeteiligung nicht auf die Ebene der Jugend zu übertragen.

  4.2 Arbeitsprinzipien der Kinder- und Jugendarbeit
  Aufgrund der aktuellen gesellschaftspolitischen und sozialen Entwicklungen und auf der Basis des Fachdiskurses haben sich weitere Arbeitsprinzipien entwickelt, die heute wesentlicher Bestandteil von Kinder- und Jugendarbeit sind.Lebensweltliche und sozialräumliche Orientierung Die Kinder- und Jugendarbeit orientiert sich an den Bedürfnissen, Lebenslagen und Lebensbedingungen von jungen Menschen im Gemeinwesen. Ausgangspunkt der Arbeit bilden die Lebenswelten und die sozialräumlichen Bezüge von jungen Menschen. Das heißt, Kinder- und Jugendarbeit ist nicht an einem Ort verhaftet, sondern agiert in den Lebensräumen von Kindern und Jugendlichen. Die Lebensweltorientierung ist grundlegendes Denk- und Handlungsprinzip und die sozialräumliche Orientierung konzeptionelles und methodisches Werkzeug in der Kinder- und Jugendarbeit. Dabei ist es auch notwendig, dass eine gesellschaftspolitische Position für junge Menschen eingenommen wird und dies in den Tätigkeitsfeldern der Vernetzung, Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit vertreten wird. Geschlechtsreflektierter Umgang Kinder und Jugendliche wachsen in einer zweigeschlechtlichen Welt auf. Rollenzuweisungen und -bilder beschreiben zwei Geschlechtsstereotypen, die sich in den gesellschaftlichen Veränderungen jedoch nicht mehr halten lassen. Dieses Arbeitsprinzip wird zusätzlich durch spezifische Angebote für Jungen bzw. Mädchen umgesetzt. Leitend für die geschlechtsreflektierte Arbeit ist ein Haltung und Herangehensweise, die jenseits einengender geschlechtsstereotyper Muster die Entwicklung individueller Entwürfe von Geschlechterrollen unterstützt. Umgang mit kulturellen Identifikationen Die verschiedensten Formen kulturellen Handelns, wie beispielsweise Jugendkultur, Religion, Ethnien, Sprache, Nationalitäten, Politik etc. und ihre Wirkung auf Identitäten, spielen für Jugendliche eine wichtige Rolle. Kinder- und Jugendarbeitende müssen ihre eigenen Haltungen kennen und sich mit ihrer kulturellen Identifikation auseinandersetzen. Darüber hinaus bieten sie den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Haltung und kulturellen Identität. Verbindlichkeit und Kontinuität Verbindlichkeit und Kontinuität sind Merkmale des professionellen Beziehungsangebotes an die Kinder und Jugendlichen sind. Die Kinder- und Jugendarbeit bedarf dafür ihr verlässlicher Rahmenbedingungen. Voraussetzung dafür ist eine verbindliche und kontinuierliche Absicherung in Politik und Gemeinwesen. Ehrenamtliche MitarbeiterInnen tragen wesentlich zu den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit bei. Professionelle hauptamtliche Fachkräfte sind jedoch nötig, um die notwendige Kontinuität und Professionalität zu gewährleisten. Haltung gegenüber Kindern und Jugendlichen Professionell in der Kinder- und Jugendarbeit Tätige füllen ihre Modellfunktion gegenüber Kindern und Jugendlichen verantwortungsvoll aus. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit Suchtmitteln, mit sexualisierten und menschenentwürdigenden Äußerungen und mit Gewalt. Darüber hinaus nehmen sie gegenüber den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen einen Schutzauftrag wahr, der über die im Jugendschutzgesetz festgeschriebenen Regelungen, hinaus geht. Dieser beinhaltet insbesondere an den jeweiligen persönlichen Entwicklungsstand der jungen Menschen angepasste Regeln und Grenzen. Der Schutzauftrag endet nicht mit der Volljährigkeit, sondern wird jeweils individuell wahrgenommen. Selbstreflektion Kinder- und Jugendarbeit basiert auf einer ressourcenorientierten Kontakt- und Beziehungsarbeit, die durch die MitarbeiterInnen vor Ort geleistet wird. Wichtig ist es, dass sich die professionell Angestellten mit den Arbeitsprinzipien, ihren Rollen, ihrem Menschenbild, ihren Verhaltens- und Denkweisen ständig auseinandersetzen.
   
5 Rahmenbedingungen
  5.1 Konzeptentwicklung
  Die Entwicklung fachlicher Konzepte ist eine zentrale Aufgabe der Kinder- und Jugendarbeit. Die Konzepte dienen allen Beteiligten zur Orientierung, Qualifizierung und Legitimierung der Arbeit. Unter einem Konzept versteht die AG Jugendpflege ein Handlungsmodell, in dem die Genese der geplanten Maßnahme, die Träger- und Kooperationsstruktur, die Zielgruppen, die Ziele, die Inhalte, die Methoden und die Mittel (personell, finanziell und materiell) schriftlich dargelegt werden.
 
5.2 Berichtswesen
  Ziel des Berichtswesens in der AG Jugendpflege ist die Vergewisserung des eigenen Handelns und damit die Grundlage für Entscheidungen über den sinnvollen und gewünschten Einsatz von Ressourcen. Darüber hinaus soll das Berichtswesen der AG Jugendpflege Information, Dialog und Kooperation gewährleisten. Berichte der Mitglieder umfassen sowohl Struktur- als auch Prozessmerkmale der Kinder- und Jugendarbeit.
   
  5.3 Personelle Situation
  Grundlage einer Einstellung in der Kinder- und Jugendarbeit ist eine anerkannte Ausbildung in Sozialer Arbeit oder ein Abschluss in artverwandten Berufsgruppen. Weiterhin ist regelmäßige Fort- und Weiterbildung und Unterstützung durch kollegiale Beratung und Supervision erforderlich. Gefordert sind umfassende Selbst-, Sozial- und Fachkompetenzen. Die Stellenbeschreibung gibt Auskunft über die Funktionsbezeichnung, Stellung in der Organisation, Stellvertretung, Aufgaben und Anforderungen. Die Fachleute in der Kinder- und Jugendarbeit werden, in einem der Stelleninhalte angemessenen Umfang, durch Verwaltungskräfte unterstützt.
   
  5.4 Infrastruktur und finanzielle Mittel
  Wie die Kinder- und Jugendarbeit selbst, so sind auch die Arbeitsstrukturen der Mitglieder der AG Jugendpflege in unterschiedlichen Trägerschaften plural. Unabhängig von unterschiedlichen Trägerschaften machen die Mitglieder der AG Jugendpflege folgende Empfehlungen für die Infrastruktur der Kinder- und Jugendarbeit: Für die Ausführung von Dienstleistungen steht der Kinder- und Jugendarbeit eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung. Sie ist angewiesen auf zentral gelegene Büroräumlichkeiten, die den Anforderungen einer Agentur entsprechen und auch als Anlaufstelle für das Zielpublikum dienen können (bedarfsorientierte Öffnungszeiten, Schaufenster, funktional eingerichtete Arbeitsplätze, geeignete elektronische Bürogeräte, inkl. Support, Ablage- und Archivfläche). Hierzu zählen insbesondere auch Büroräumlichkeiten mit der Möglichkeit, vertrauliche Gespräche zu führen, sowie ein offener Internetzugang. Zudem benötigt die Kinder- und Jugendarbeit geeignetes Sachmaterial (Arbeitsmittel, Kreativmaterial), eigene Räume für Kinder- und Jugendliche sowie geeignete Dienstfahrzeuge für mobile Angebote. Die operative Planung muss über genügend Budgetkompetenzen verfügen, um nach Bedarf unbürokratisch und schnell die entsprechenden Mittel zu beschaffen.
______________
Quellen:Dachverband offene Jugendarbeit Schweiz: Standards der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in der Schweiz des Dachverbandes offene Jugendarbeit (DOJ), www.boxfish-ja.ch/uploads/media/DOJ_Standarts_der_offenen_Jugendarbeit.pdf (Stand 09.11.2011)